Release: Falkenberg – „Apathie der Sterne“ (2018)
Falkenberg weilte kurz vor dem Release zu einem Konzert in Dresden. Ich habe den Großteil ganz hinten verbracht, an der Wand lehnend gelauscht und die Menschen beobachtet. Vor mir war ein junges Paar, vielleicht um die 25, gestanden, alternativ, innig miteinander. Als ein Song auf den Tod blickte, vergrub er bebend weinend seinen Kopf in ihren Armen, der Körper zuckte unablässig und sie hielt und streichelte ihn. Für mich einer der vielen innigsten Momente des Abends, denn hier war sie, die Visualisierung dessen, was Falkenberg mit seiner Musik erreichen kann (auch wenn ich diesen zu intimem Moment nur mit meinen Augen fotografiert habe).
Genauso ging es mir beim ersten Hören: ich lese die Titel der Songs, schaue auf diesen so eindringlichen Blick des Covers, höre Schlagzeugintros wie bei „Brot und Beton“ und bin sofort gefangen in unglaublich klugen Textbildern – man kann diese Platte nur zur Seite legen oder intensiv eintauchen, sie bietet mir schonungslos keinen Mittelweg an. Wer es schafft, schon Eingangs mit so wenigen Worten wie z.B. „…im Cresendo der Monotonie…“ (Titelsong „Apathie der Sterne“) derart dichte Gedankenwelten zu öffnen, hat es mehr als verdient, dass man seine Seele vor dem Plattenteller ausbreitet und Falkenberg wissend offen in die Augen schaut. Sehr angetan und mitgenommen fühle ich mich von der Musik, die nie aufdringlich um die Worte fließt, Raum zum Nachklingen der Gedanken lässt und doch nie loslässt und vorantreibt zu Neuem.
Wenn man Falkenberg und seine Lebensstationen verfolgt, ahnt man, dass dies ein autobiographisches Album sein könnte. Wenn man Falkenberg zuhört, weiß man, was Sprache ermöglicht. Hier wird mit durchdachten Worten eine vielschichtige Gedankenwelt geschaffen, die meint, dass man in Resignation zurückgelassen wird. Aber die Bilder sind zu kraftvoll und so bleibt die Hoffnung, dass man hier Zeuge eines Ventils wird. Wer derart kreativen schöpferischen Schmerz offenbart, der hat noch einiges vor. Hier wurden sehr starke Mauern hochgezogen und zeitgleich ahnt man, dass er den Vorschlaghammer fest in der Hand hat. „…ich muss gehen (…mit den bleiernen Flüssen) um hier gewesen zu sein…“ Mein Körper strafft sich, die Lungen füllen sich mit frischer Luft. Wer mit „Versunken in rostiger Erde“ ein Album abschließt, der hat noch etwas vor auf dieser Erde. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich immer noch in die stechenden Augen des Covers schaue. Ich nicke ihm zu und sage leise, „ich bin dabei“.
Diese Platte ist gesetzt, man kommt an ihr nicht vorbei. Mein Werk des Jahres. Ich sammle meine Seele vor dem Plattenteller wieder ein, denke an das Pärchen, und lächle in dem Gefühl, noch nie so anmutig geweint zu haben.
FALKENBERG „Die Apathie der Sterne“ (Release 03.03.2018): https://www.falkenberg-musik.de/album-die-apathie-der-sterne
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